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1.Flamencosommer Rhein/Main:

Das Familienfestival

Vom 11. – 21. August fand in Wiesbaden und Mainz das erste privat organisierte Flamencofestival statt. Die Organisatoren des Festivals, Frank und Maren Ihle, arbeiten bereits seit Mai 2004 mit der Peña im Unterhaus kontinuierlich und erfolgreich an der Bereicherung der Flamenco-Szene im Rhein-Main Gebiet.

So versteht Frank Ihle den Flamencosommer auch als eine Erweiterung seiner Peña-Idee. Dieses solide Fundament war sicherlich sehr wichtig für den großen Erfolg. des 1. Flamencosommers Rhein/Main

Der Untertitel “Das Familienfestival”  hat vielerlei Bedeutung.

Die Idee zum Festival hatten Frank & Maren während eines gemeinsamen Aufenthaltes im September 2004 in Bolonia/Andalusien. Eigentlich war das Festival in der Nähe von Darmstadt mitten im Wald geplant. Mit  Lagerfeuer und Zelten zum Übernachten. Eine sehr schöne Idee, die man in Zukunft  mal umsetzen sollte. Interesse gibt es bestimmt genug.

Aber es kam anders:  Die Beiden hatten am Strand offensichtlich noch für andere Sachen Zeit. Die Schwangerschaft von Maren setzte dem Pioniergeist Grenzen und die Planung wurde zumindest für dieses Festival etwas konservativer angedacht.

So wurde aus dem Abenteuer im Wald der 1. Flamencosommer Rhein/Main.

Geld für eine Organisation dieser Größenordnung stand den Beiden nicht zur Verfügung,  ihr Kapital ist die langjährige Freundschaft zu den Künstlern.  Auch hier kommt der Familiengedanke wieder zum Tragen.

Das Dozenten Team bestand aus folgenden Künstlern:

Fernando Galan aus Jerez für Classico Español mit Kastagnetten und Flamenco-Tanz,

Luis Monje Vargas "el Peluca" aus Jerez für Gesang,

Maria José Herrera aus Mexiko für Tanz mit Bata de Cola,

Lea Fresenius aus Hamburg ebenfalls für Tanz,

Conny Sommer aus Hamburg  für Cajon/Perkussion und

Frank Ihle für Gitarre.

Frank Ihle arbeitet seit vielen Jahren als Flamencogitarrist, und hat sich überlegt, wie man den Schüler/innen so viel Flamenco wie möglich mitgeben kann. Seiner Meinung nach ist das Hauptproblem in deutschen Tanzschulen, dass sich der Unterricht meistens nur auf den Tanz konzentriert,  der Gesang wird dabei weniger beachtet, bildet aber die Grundlage des Flamencos.

Seine Idee ist: alle Schüler machen alles

und lernen dabei so viel wie möglich von der Essenz des Flamenco. Die  Schüler/innen des Gesangs– und Gitarrenunterrichts hatten daher die Möglichkeit ihr gerade erworbenes Wissen direkt bei den Tanzworkshops in die Praxis umzusetzen. Diese Idee war für alle ein tolles Erlebnis und hat auch die Gruppenteilnehmer/innen untereinander viel näher gebracht. Die Workshops wurden in dem wunderschönen Studio “Bailando” von Nicole Mahr in Mainz und in der Schule von Gaby Herzog in Wiesbaden abgehalten.

Die familiäre Stimmung in den Workshops wurde von den Schüler/innen als sehr angenehm empfunden. Sie hatten immer das Gefühl, dass die Liebe zum Flamenco, und das Vermitteln von Wissen im Vordergrund steht und keine persönlichen Eitelkeiten oder Rivalitäten. Eben wie in einer richtigen Familie.

Besonders der Gesangsunterricht von Luis el Peluca und der Tanzunterricht von Fernando Galan hatten es den Schüler/innen angetan. Anja aus Frankfurt, tanzt seid vielen Jahren Flamenco und hat fast alle Workshops besucht. Ihr hat der Gesangsunterricht einen viel tieferen Einblick in die Welt des Flamencos gegeben. Dafür muss man noch nicht mal Spanisch können.

Zitat Anja: Fernando ist feinfühlig, ruhig, präzise, unglaublich sensibel. Wir als Schüler stehen für ihn immer im Vordergrund. Fernando ist für jedes Flamencoherz eine große Bereicherung. Hier besteht große Flamencosuchtgefahr! Ich erlebe den Flamenco aus einer völlig neuen Perspektive, sehr interessant, vor allem mit solch einem Könner  zu singen. Er ist unglaublich souverän, mit ganz viel Geduld und so viel Liebe zum Gesang, jede Stunde war ein kleines Festival für uns alle. Ihr habt uns den Flamenco wieder ein Stück näher gebracht. Eine große Umarmung für Fernando und Luis aus Jerez.

Maria schaffte es den Umgang mit der Bata zu vermitteln ohne, dass sich die ungeübten Schülerinnen total verhakten und die Überraschung der Workshops war die noch recht unbekannte Lea, deren Kurse fast überliefen!

Für die Zukunft ist ein Schülerabend mit einer gemeinsamen Kursabschluss Präsentation geplant.

Die Konzerte

Für die Konzerte in Wiesbaden wurde eine wirklich sehr schöne Location gefunden. “Le Bonheur”  ist nicht nur eine Weinhandlung mit einer guten Auswahl internationaler Weine, sondern bietet in ihrem gut ausgebauten Gewölbekeller auch Raum für Lesungen und Konzerte mit circa 100 Personen. Man fühlte sich fast an die Höhlen von Sacromonte in Granada erinnert.

Intimer und authentischer kann man Flamenco in Wiesbaden nicht präsentieren.

Die Lokal Presse hatte ausgiebig mit redaktionellen Vorankündigungen für die Veranstaltungen geworben, dazu kam noch das Stammpublikum vom “le bonheur”. Für die Teilnehmer/innen der Workshops war es natürlich besonders interessant ihre Dozenten auf der Bühne zu sehen.

Den Anfang der kleinen Konzertreise machte “Viva Jerez” mit Fernando Galan, Tanz, Luis el Peluca, Gesang und Frank Ihle an der Gitarre und der Keller war sofort ausverkauft. Die drei kennen sich schon seid vielen Jahren und haben bereits viele gemeinsame Auftritte hinter sich. So gab es viel Improvisation und wenig Choreografie zu sehen. Für Frank ist das Arbeiten mit den beiden Künstlern aus Jerez sehr spannend da er nie weiss was als nächstes passieren wird. Besonders in dem Tarranto wurde dies sehr deutlich. Luis  hat ein riesiges Reservoir an Gesangsfalsetas, entscheidet aber aus dem spontanen Gefühl heraus, was er als nächstes singen wird. Fernando hört sehr genau auf die Stimmung des Gesanges und entscheidet genauso spontan welche Bewegung dazu passt. Das ist lebendiger Flamenco für das Publikum, da man diese Emotion und Spontanität spüren kann auch wenn man nicht genau weiss was auf der Bühne passiert und das ist hochkonzentriertes Arbeiten für den Gitarristen.

Der zweite Abend wurde von der Gruppe Flamenco Solera aus dem Großraum Frankfurt bestritten.

Sie haben sich bereits eine recht große Fangemeinde erspielt und so war dieses Konzert auch ausverkauft. Die Besetzung von Flamenco Solera war Silke Beck, und Suse La Rubia ( unter Insidern auch La Paquera genannt ), Tanz, Gesang und Perkussion Ardillita, Rainer Hawelka, Gitarre. Der Schwerpunkt von Flamenco Solera ist eindeutig die Gruppe, es gibt keine ausgedehnte Soli, Die beiden Tänzerinnen zeigen saubere Füße und schöne Choreografien, die Arbeit von Rainer Hawelka ist sehr professionell und sein Sound muy Flamenco. Bei dem Sänger und Perkussionisten Ardillita hatte ich den Eindruck, dass er den leichten Palos wie Rumbas näher steht als dem klassischen Flamencogesang, obwohl er natürlich beides präsentieren kann. Es war mehr die Reaktion des Publikums, das bei den Rumbas gleich mitmachen wollte. So war dieser Abend gute und lockere Flamenco-Unterhaltung.

Der inoffizielle Höhepunkt des Flamenco Sommers war das Gesangsrecital mit  Luis el Peluca und Frank Ihle. Für Luis war es wohl auch ein besonderer Abend, denn er kam in einem dunkelblauen Anzug und Krawatte auf die Bühne. Bei Sängern gibt es einige grundsätzliche Unterschiede, die  man bei so einem konzentrierten Abend natürlich gut beobachten kann. Luis es Peluca kommt aus einer Flamenco Familie aus Jerez de la Frontera, und ist daher seit seiner frühesten Kindheit mit dem Gesang verbunden. So hat er ein schier unerschöpfliches Repertoire an Cantes. Aber für Luis ist die Kraft und spontane Emotion des Gesangs wichtiger als die Poesie der Texte. So ändert er spontan mal einige Letras, oder singt je nach Laune eine neue Kombination. Ein anderer wichtiger Unterschied bei den Sängern ist wie sie mit dem Compás umgehen, und was sie von ihren Begleitgitarristen erwarten. Die einen möchten einen sauber gespielten Compás an dem sie sich orientieren können, andere legen mehr Wert auf ihren persönlichen Ausdruck und Freiheit, und erwarten dass der Gitarrist ihnen folgt. Der Abend hielt was er versprach, es gab Flamenco vom Feinsten, lebendig, mit viel Seele und Herz, professionell begleitet von Frank. Luis wuchs im Laufe des Konzertes über sich hinaus, und musste nach der zweiten Zugabe von Frank sogar gebremst werden, denn Luis hatte noch einige Gesangsworkshops und das große Abschlusskonzert am Sonntag vor sich.

Das Abschlusskonzert im Le Bonheur bestritt die “ Hausband “ Luna de Plata mit Clemente, Gesang, Maria José Herrera, Tanz, Konstanze, Perkussion, Maren, Palmas und  Frank Ihle an der Gitarre. Der Ansatz bei diesem Konzert war eher  instrumental und experimentell. Frank spielte einige Solostücke die man wahrscheinlich auch demnächst auf seiner ersten CD hören kann. Die studierte Perkussionistin Konstanze überraschte das Publikum mit einem Solo auf einer iranischen Rahmentrommel. Bei den klassischen Flamencothemen die natürlich bei aller Experimentierfreude nicht vergessen wurden, zeigte Maria ihr Können. Ihr Spitzname in der Gruppe ist Speedy Gonzales, da sie manchmal schneller tanzt als die Gruppe spielt. Der Sänger Clemente kommt vom Bluesgesang und versucht sich jetzt dem Flamenco zu nähern. Er hat sicherlich noch ein Stück Arbeit vor sich, aber hat seine Sache ordentlich gemacht. Und lernen kann man auf Bühne natürlich viel mehr als im Proberaum oder alleine zu Hause.

Das Resumé der Veranstalter Frank & Maren Ihle ist: Es war  anstrengend aber es hat sich gelohnt. Die Kurse und Konzerte waren trotz der Ferienzeit voll bis gut besucht. Die Überschneidung zum großen Festival in Berlin Pfefferberg war kein Problem, es soll sogar Leute gegeben haben die wegen Wiesbaden auf Berlin verzichtet haben. Für die Flamenco Künstler aus dem Großraum Rhein Main, ist die Organisation der Peña und des Festival eine tolle Bereicherung für ihre Arbeit und vergrößert die Popularität des Flamencos.

Frank & Maren ist es gelungen ihrem Flamencosommer einen eigenen Charakter zu geben.

Es ist natürlich nicht so groß wie Berlin, und das soll es auch nie werden. Es ist ein familiäres und intimes Festival.  Frank Ihle betont dass es ihm sehr wichtig ist, die Dinge die er macht, auch wenn sie nicht so groß sind, professionell und zuverlässig zu planen. So denkt er bereits heute, zwar sehr Flamenco untypisch, an das Festival 2006. Hier die geplanten Daten: 17. – 27. Aug. (Text: Rainer Brähler, Fotos Archiv + copyright Frank Ihle)

Dozenten - Infos

Großes Abschlußkonzert "Fin de Fiesta" mit allen Dozenten in Mainz im Frankfurter Hof am 21.08.2005

von Klaus Herdel "El de la Lys"

Das gut besuchte Abschlusskonzert des "1. Flamencosommers Rhein/Main" mit einem interessanten Konzeptentwurf von Frank Ihle: Die Dozenten zeigten im Rahmen des Programmablaufs das gelehrte Material in der Bühnenfassung. Hatte man dies nicht gewusst, so war der Beginn für einen Aficionado de Flamenco etwas seltsam und befremdent: Vor grün bestrahltem Bühnennebel "clasico español" mit Kastagnetten getanzt von Fernando Galan. Aber grün - quiero verde - war auch die Hoffnung (auf mitreißenden Flamenco). - Und die wurde von Fernando erfüllt! Im weiteren Verlauf des Abends zeigte der Jerezano energiegeladenes Können mit großer Präzision. Ein großartiger, kraftvoller Bailaor und - dem Vernehmen nach - auch ein ebensolcher Dozent. Die anfängliche Verirrung im Bodennebel ließ er schnell vergessen mit einer furiosen Soleá por Buleria gegen Ende des ersten Programmteils, grandiosen Tientos im Zweiten und knackiger heißer Bulería por fin de fiesta. Der erste Teil war aber eher auf die Musiker zugeschnitten und endete in einer kollektiven Aktion por Solea y Bulería, einer Gruppenperformance bei der alle Solisten die Möglichkeit nutzten sich und ihr Können einzubringen. Aber bis dahin war die Flamencoseele bereits kräftig stimuliert worden: Palo seco vom Balkon: ergreifender "cante gitano de Jerez" von "El Peluca" - Luis Monje Vargas - el cantaor festero. Daß er einer bekannten Flamencodynastie des Gitanostadtteils Santiago entstammt verwundert nun wirklich nicht wenn man ihn gehört hat. Eine herrliche Granaína - solo guitarra - von Frank Ihle.

Hochachtung (!) vor seinem und seiner Frau Marens nicht minder unermüdlichem Schaffensdrang, die ungeachtet dessen, dass sie gerade Eltern einer süßen Tochter - Jule - geworden sind dieses Mammutprojekt fast im Alleingang organisierten und diesen "Flamencosommer" samt krönendem Abschluß auf die Beine und Bühne stellten.

Conny Sommer schließlich zauberte mit fliegenden Händen einen der irrsten, atemberaubendsten Percussionssolos das man je gehört hat, Soniquete pur. Ein Aß am Cajon oder auch an zweien gleichzeitig. Als Dozent auch Theoretiker, der die ersten Lehrwerke für Cajon veröffentlicht hat, genannt "El calcetin de verano" ("Sommer-Söckchen") wegen der Socken in den span. Nationalfarben.

Der zweite Teil war dann dem Baile gewidmet und erinnerte ein wenig an eine Juerga mit den dafür typischen "palos festeros": Fandango - als Einleitung, Sevillanas, Rumba, Alegria, Tiento und Tango. Als Protagonisten: Fernando und die beiden Bailaoras Maria J. Herrera und Lea Fresenius. zwei Tänzerinnen wie sie unterschiedlicher wohl kaum sein können. Mondän und temperamentvoll: Lea. Meist in Hosen und mit Botas zu sehen schläft sie nachts im Kraftwerk, will man Gerüchten Glauben schenken. Viel weicher und elegant mit Manton und Bata de Cola: Maria, die sympathische Choreographin für die der Auftritt quasi ein "Heimspiel" war.

Bei "fin de fiesta" hatten selbst fundamentalistische Puristen den Anfang vergessen und so endete das "espectaculo" unter frenetischem Beifall mit Zugaben satt.

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alle Fotos Archiv Frank Ihle, copyright auch Frank Ihle

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